TEN SING FESTIVAL
Mit TEN SING an den Polarkreis nach Kirovsk (Russland)
Vom 16.-24. Februar 2020 reisten wir mit insgesamt neun TEN SINGern aus dem CVJM Ostwerk ins nordrussische Kirovsk zum dortigen 3. Internationalen TEN SING Festival. Dieses Festival kann man mit einem TEN SING Seminar in Deutschland vergleichen: Ca. 70 Jugendliche arbeiten ein paar Tage an einem Programm. Am letzten Tag führen sie es im Rahmen einer großen Abschlussshow auf.
Natürlich läuft das in Russland alles ein klein wenig anders ab. Ihr fragt Euch sicherlich: Warum Russland? Seit wann gibt es da TEN SING? Um Euch all diese Fragen zu beantworten und um von der abenteuerlichen Reise zu berichten, seid Ihr herzlich eingeladen, den folgenden Blog-Beitrag zu lesen.
Warum Russland? Warum Kirovsk?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir ins Jahr 2014 zurückgehen. Damals fand ein YMCA Youthworkers Camp in Nordirland statt. Dort schloss die TEN SING School (zum Ostwerk gehörig) Bekanntschaft mit Elena Nikolaeva. Sie ist Leiterin des in Kirovsk ansässigen YMCA Russia North. TEN SING gab es dort damals noch nicht. Elena nahm auf dem Youthworkers Camp an einem TEN SING Workshop teil und war von der Idee so begeistert, dass sie uns bat, die tollste Jugendarbeit der Welt nach Russland zu bringen.
Nach ausgiebiger Planung und Vorbereitung fand dann im November 2015 das Gründungsprojekt TEN SING goes Russia statt. Zehn deutsche Mitarbeiter reisten für zwei Wochen nach Kirovsk und gründeten dort eine TEN SING Gruppe.
Kirovsk ist eine kleine Industriestadt am nördlichen Polarkreis. Die Stadt liegt auf der Kola-Halbinsel, unweit der finnischen und der norwegischen Grenze. Schnee bedeckt die Plattenbauten und Fabriken der Stadt von September bis Juni. Im „richtigen“ Winter werden Temperaturen von bis zu -30°C erreicht. Neben dem Bergbau kam in den letzten Jahren der Skitourismus als Wirtschaftszweig auf.
Eben dieses kleine, vermeintlich unbedeutende Städtchen wurde zur Wiege von TEN SING in Russland. In den letzten Jahren folgten Gruppengründungen in St. Petersburg, Moskau, Jaroslawl und im sibirischen Barnaul. Seit 2018 veranstaltet TEN SING Kirovsk ein alljährliches Festival für alle russischen und auch internationale Gruppen, das wir in diesem Jahr besuchten.
2016 und 2019 besuchte TEN SING Kirovsk den CVJM Frankfurt (Oder) sowie das TEN SING Helio Festival in Sachsen. Dieses Jahr waren dann wir dann nun mal an der Reihe, die Einladung unserer russischen Freunde endlich anzunehmen.
Reisen auf Russisch
Am 16. Februar ging es für uns los: Zunächst mit dem Flugzeug von Berlin nach St. Petersburg. Dort machten wir für einen Tag Halt, um diese wunderschöne Stadt zu besichtigen. Wir trafen TEN SINGer aus St. Petersburg, die uns ihre Stadt aus der Sicht eines Einheimischen zeigten.
Die nächste Reiseetappe war für manch einen von uns das vielleicht größte Erlebnis der ganzen Reise: Eine 21-stündige Fahrt mit einem echten russischen Nachtzug. Wir reisten in der 3. Klasse – sprich keine Abteile, sondern 54 Liegen in einem Waggon. Das war eine ganz besondere Erfahrung und hat uns als Gruppe sehr zusammengeschweißt. Langweilig wurde es uns gar nicht: Entweder wir tranken Tee, lasen etwas oder haben einfach geschlafen.
Im Hohen Norden angekommen, hatten wir dann noch einen Tag Zeit, im Kulturpalast zu proben. Jede Gruppe sollte zu Beginn des Festivals sich mit einem eigenen Programm kurz vorstellen. Der Kulturpalast ist der Dreh- und Angelpunkt der Stadt: Es finden dort jegliche Konzerte, Veranstaltungen, Hochzeiten, Tanzschulen und eben auch TEN SING statt. Open-Air-Veranstaltungen sind das ganze Jahr über aufgrund des Klimas in Kirovsk schwierig.
Außerdem besuchten wir abends noch eine Therme. Das hatten wir bitternötig nach der langen Reise!
Untergebracht waren wir in einem Hostel zusammen mit allen anderen russischen TEN SING Gruppen (Moskau, St. Petersburg, usw.). Wir schlossen sofort neuen Bekanntschaften und trafen alte Gesichter (von den Besuchen der Russen in Deutschland) wieder. Sprachlich war es manchmal kompliziert: Von uns konnte kaum einer Russisch, von den Russen kaum einer (gutes) Englisch. Der Google Übersetzer wurde zu unserem treuen Freund.
Das Festival beginnt
Am 20. Februar startete dann endlich das Festival. Es begann mit einem Vorstellungskonzert der einzelnen Gruppen. In weiser Voraussicht, dass die Russen Rammstein über alles lieben, spielten wir „Ohne Dich“. Die anderen Gruppen begeisterten uns mit ihren Mini-Auftritten.
Es lief vieles sehr ähnlich ab, wie auf einem deutschen TEN SING Seminar. Wir arbeiteten in vier Workshops: Band, Theater, Tanz und Vocal. Der Chor für alle hat sich in Russland leider nicht so ganz durchgesetzt. Aber es wäre ja nicht TEN SING, wenn nicht jede Gruppe seine Besonderheiten hätte.
Eine weitere Besonderheit war auch noch, dass für die einzelnen Workshops im Vorfeld keine Leiter festgelegt worden sind. Wir wurden auf die Workshops aufgeteilt und uns wurde gesagt: „Erarbeitet gemeinsam etwas!“ Das lief am Anfang etwas schleppend, auch wegen der Sprachbarriere. Mit der Zeit groovten wir uns aber gut ein mit den Russen.
Zusätzlich zu den Workshops fanden noch sog. Masterclasses statt. Diese wurden von Teilnehmern vorbereitet zu Themen wie z.B. Bodypersussion oder Gebärdensprache. Da konnten wir viel Neues mitnehmen!
An den Abenden gab es noch verschiedene Exkursionen. Wir fuhren z.B. in die Snow-Village: Eine Ausstellung von Eis- und Schneeskulpturen. An einem anderen Abend ging es ins Stadtmuseum, um etwas über die Geschichte Kirovsks zu erfahren.T
Am Ende des Festivals stand die große Abschlussshow. Wir führten auf, was wir an drei Tagen erarbeitet haben. Der Saal war gut gefüllt mit Eltern, Freunden und ehemaligen TEN SINGern. Auf dem Programm standen ungefähr zehn Songs, ein Theaterstück und ein abschließender Massentanz. Das Theaterstück wurde aus Rücksicht auf unsere fehlenden Russischsprachkenntnisse komplett pantomimisch aufgeführt. Im Anschluss fand noch eine Aftershowparty und eine große, emotionale Abschiedsrunde statt.
Zurück in Deutschland
Voller neuer Eindrücke und mit vielen schönen Erinnerungen im Gepäck traten wir am 23. Februar die Heimreise an. Nach St. Petersburg ging es wieder mit dem 21h-Nachtzug. Auf der Rückreise hatten wir nur wenige Stunden Aufenthalt – wir fuhren gleich vom Bahnhof zum Flughafen und ein paar Stunden waren wir auch wieder zurück in Berlin.
Das war für alle von uns ein ganz besonderes Erlebnis und hoffentlich kein einmaliges – denn 2021 soll es wieder zu unseren Freunden an den Polarkreis gehen!
Die Anmeldung wird voraussichtlich ab Herbst 2020 über den CVJM Ostwerk e.V. möglich sein.
Text: Gustav Lietz (Projektleitung)